Das Effizienzhaus Plus in Berlin
Seit Dezember 2011 ist in Berlin das sogenannte
„Effizienzhaus Plus“ in Betrieb, ein Haus, das mehr Energie erzeugen sollte als
seine Bewohner verbrauchen. Manche Politiker sehen in dem Haus ein Modell des
zukünftigen Wohnens, Spezialisten halten hingegen das Konzept für verfehlt.
Die
Familie, die als “Versuchskaninchen” das Haus bewohnt hat
Im Dezember 2011 wurde in Berlin ein sogenanntes
„Effizienzhaus Plus“ eingeweiht, ein Haus, das mehr Energie erzeugen soll als
eine mittlere deutsche Familie verbraucht. Deshalb wurde es „Effizienzhaus Plus“ genannt.
Einweihung
des “Effizienzhaus Plus“ im Dezember 2011 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel
Das Haus hat eine Wohnfläche
von 130 m2 und hat 2,5 Millionen Euro gekostet. Es verbraucht
hauptsächlich elektrische Energie und deshalb sind sein Dach und ein Teil seiner
Aussenwände mit Photovoltaik-Modulen bestückt. Die Heizung und die
Warmwasseraufbereitung sind elektrisch, ausserdem soll der erzeugte Strom ausreichen
um die Batterien eines Elektroautos und von Elektrofahrrädern aufzuladen.
Die Aussenhaut des Hauses ist
mit Photovoltaik-Modulen verkleidet.
Das Berliner “Effizienzhaus Plus”
hat eine hocheffiziente Wärmedämmung und seine Fassaden sind mit
Photovoltaik-Modulen verkleidet. Der erzeugte Strom dient auch zum Betrieb
einer Wärmepumpe, die Wärme für die Heizung und die Warmwasseraufbereitung
bereitstellt. Anstelle von Fenstern besitzt das Haus grosse Glasflächen mit
einer Dreifach-Isolier-Verglasung. Das Haus betritt man über eine grosse,
gedeckte Terrasse, die auch Platz und eine Ladestation für ein Elektroauto und
elektrische Fahrräder bietet.
Die Küche
Bei der Einweihung hat die Kanzlerin Angela Merkel das
Haus „als ein Beispiel des zukünftigen Wohnens“ vorgestellt. Und auch der
Minister für Wohnungsbau Peter Ramsauer ist überzeugt, dass das Modellhaus sich
nach einjährigem Betrieb im täglichen Gebrauch hervorragend bewährt habe.
Das Schlafzimmer
Das Haus in Berlin ist eines
von 30 Modellen, welche die deutsche Bundesregierung finanziert hat, geniesst
aber die meiste Aufmerksamkeit, weil es in der Hauptstadt steht. Mit dem Haus will
die deutsche Regierung zeigen, dass die sogenannte „Energiewende“ machbar ist.
Diese Energiewende besteht vor allem in der Stilllegung von Kernkraftwerken und
der Schaffung von stromproduzierenden Wind- und Solaranlagen, die in Zukunft
die vorherrschenden Energieerzeuger sein sollen, weil sie – so die verbreitete
Meinung – dem Klima nicht schaden. Die deutsche Regierung möchte, dass alle
Gebäude, die ab 2019 neu errichtet werden, den Energiestandard eines
Passivhauses haben.
Auf der Terrasse gibt es Platz und
eine Ladestation für elektrische Fahrzeuge
Ein
Elektroauto hat Mercedes-Benz zur
Verfügung gestellt, ein zweites Volkswagen.
Das Berliner “Effizienzhaus Plus” mit seiner effizienten Wärmedämmung und seinen mit Photovoltaik-Modulen verkleideten Fassaden soll einen Eindruck davon geben, was sich die deutsche Regierung die Häuser der Energiewende vorstellt.
Es scheint jedoch, dass nicht
alles so funktioniert, wie die Planer es sich gedacht haben. Die Photovoltaik-Anlage erzeugt 20 Prozent
weniger Strom als vorgesehen, auch weil die umgebenden Gebäude und Bäume die Anlage zu gewissen Zeiten
verschatten. Deshalb deckt die Anlage nicht alle Bedürfnisse wie es vorgesehen
war, vor allem reicht der Strom nicht aus, um die Batterien des Elektroautos
vollständig aufzuladen. Der grösste Stromverbraucher ist im Winter die
Wärmepumpe; sie verbraucht 80 Prozent des erzeugten Stroms, weil in Berlin der
Himmel in dieser Jahreszeit oft bedeckt ist.
Die Batterien der
Elektrofahrzeuge können auf der Terrasse aufgeladen werden.
Das Berliner
Effizienzhaus Plus erzeugt im Jahr rund 17.000 kWh Strom über
eine Photovoltaikanlage, davon werden 10.000 kWh für Heizen,
Warmwasserbereitung und Haushaltsstrom benötigt, 6.000 kWh für Autos und
Elektrofahrräder. Der dann noch überschüssige Strom geht ins Netz.
Die
deutsche Regierung sieht im “Effizienzhaus Plus” ein Modell des zukünftigen
Wohnens
10.000 kWh bezogen auf 130
Quadratmeter Wohnfläche ergibt 77 kWh/m2a. Also kann es sich nicht um ein Passivhaus
handeln, denn ein solches hat definitionsgemäss einen spezifischen
Heizwärmebedarf von < 15 kWh/m2a und einen Gesamtenergiebedarf
von < 42 kWh/m2a.
Kontrollschirm
Die Photovoltaik-Anlage deckt,
wie es heisst, diesen Energiebedarf nur zu einem Drittel, zwei Drittel kommen
aus dem Netz. Etwa die Hälfte des im Sommer erzeugten Stroms wird in das Netz
eingespeist, die andere Hälfte von den Bewohnern konsumiert.
Das Haus macht eher den Eindruck,
als solle es für Photovoltaik und Elektromobilität Werbung machen, zwei
Sparten, die die deutsche Regierung im Rahmen der Energiewende besondere
Bedeutung beimisst. Auch die enormen Glasflächen machen wenig Sinn in einer
Gegend wie Berlin, selbst wenn es sich um eine Dreifach-Isolierverglasung
handelt.
Wenn
Bundeskanzlerin Merkel in dem Berliner „Effizienzhaus Plus“ ein Modell des
zukünftigen Wohnens sieht, irrt sie sich gewaltig. Der grösste Teil der
Deutschen wohnt in vielgeschossigen Mehrfamilienhäusern zur Miete und träumt
dort vom Leben im eigenen Einfamilienhaus. Das wird sich auch in Zukunft kaum
ändern. Und eine Wohnung im Mehrfamilienhaus besitzt nicht so viel Aussenfläche
um dort Photovoltaik-Anlagen zu installieren, die auch den Bedarf der
Elektroautos der Bewohner decken.